PRESSEMITTEILUNG
Trotz deutscher Enthaltung: EU-Staaten stimmen für stark abgeschwächtes Lieferkettengesetz
Berlin, 15. März 2024 – Eine stark abgeschwächte Version des EU-Lieferkettengesetzes hat die zentrale Hürde genommen: Der Ausschuss der Ständigen Vertreter des Rats der Europäischen Union (COREPER) stimmte heute für das wichtige Menschenrechtsvorhaben. Damit kann die Richtlinie doch noch vor der Europawahl im Juni verabschiedet werden. Wochenlang und bis zuletzt hatte die FDP versucht, das Gesetz zu Fall zu bringen. Die EU hatte im Trilog-Verfahren eigentlich bereits im Dezember 2023 einen Kompromiss gefunden. Mit einem stark ausgehöhlten weiteren Kompromissvorschlag gelang es der belgischen Ratspräsidentschaft heute, doch noch eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten für das EU-Lieferkettengesetz zu sichern. FDP-Justizminister Buschmann hat auch diesen Kompromissvorschlag abgelehnt, weshalb sich Deutschland bei der Abstimmung enthielt.
„Wir sind erleichtert, dass die EU heute deutlich gemacht hat: Menschenrechte und Klimaschutz sind wichtiger als Profite von Unternehmen um jeden Preis. Nach dem langen Gezerre ist das Gesetz leider stark abgeschwächt und gilt nur noch für wenige Unternehmen – es ist beschämend, dass die Bundesregierung selbst dieser Version nicht zustimmen konnte. Damit hat die FDP nicht nur SPD und Grüne düpiert, sondern auch gegen die breite Mehrheit der Bevölkerung gehandelt", kommentiert Johanna Kusch, Sprecherin der Initiative Lieferkettengesetz.
Im Vergleich zur Trilog-Fassung sind die Einschnitte im neuen Gesetzesvorschlag enorm. So soll das Gesetz erst 2032 vollumfänglich gelten – und auch das nur für Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden mit einem Jahresumsatz von mehr als 450 Millionen Euro. Damit gilt das EU-Lieferkettengesetz nur noch für rund 5.500 Unternehmen in der EU und somit nur noch für ein Drittel der Unternehmen, die ursprünglich erfasst werden sollten. Auch bei den Sorgfaltspflichten für die nachgelagerte Lieferkette gab es nochmals Einschränkungen. Diese betreffen beispielsweise die Verwendung von Pestiziden oder die Entsorgung von Abfällen.
„Wir sind enttäuscht, dass das Vorhaben so ausgehöhlt wurde. Bundeskanzler Olaf Scholz hätte das verhindern können – wenn er die FDP in die Schranken verwiesen und an dem bereits fertigen Kompromiss festgehalten hätte. Stattdessen hat er sehenden Auges hingenommen, dass etablierte EU-Verfahren ignoriert wurden und Deutschland damit in der EU nicht mehr als verlässlicher Verhandlungspartner gilt", kritisiert Johanna Kusch.
In den kommenden Wochen muss sich das Europäische Parlament zum neuen Kompromisstext positionieren, damit das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden kann.