Rekordkürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit
Zur Notwendigkeit einer linken Entwicklungspolitik
Quelle: RLS NEWS
URL: Rekordkürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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AUTOR*INNEN
Cornelia Möhring, Andreas Bohne
Statt Einnahmeerhöhungen wie eine weitergehende globale Mindeststeuer oder eine nationale Vermögensteuer anzugehen, bleiben Schuldenbremse und Ausgabenkürzungen die bestimmende Praxis der Bundesregierung.Bundesentwicklungsministerin (SPD) bei der Befragung der Bundesregierung BMWK und BMZ bei der 146. Sitzung des Deutschen Bundestag in Berlin, 17.01.2024,
In den laufenden Haushaltsverhandlungen haben neoliberale Akteur*innen immer wieder gefordert, den Haushalt für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stark zu kürzen oder das Ministerium ganz abzuschaffen. Der am 5. Juli 2024 getroffene Beschluss der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 2025 zeigt: Die Ampelregierung kürzt bei den Zuwendungen für die Menschen im globalen Süden so stark wie in keinem anderen Ressort. Gegenüber dem letzten Haushalt vor Regierungsantritt der Ampelkoalition aus SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP sanken die Mittel für das BMZ in vier Haushaltsjahren um 23 Prozent und die Mittel für humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes (AA) um 29,9 Prozent. Statt Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe zu stärken, wie im Koalitionsvertrag zugesagt, setzt sich mit dem Haushalt 2025 eine historische Kürzungspolitik im internationalen Bereich fort. Statt Einnahmeerhöhungen wie eine weitergehende globale Mindeststeuer oder eine nationale Vermögensteuer anzugehen, bleiben Schuldenbremse und Ausgabenkürzung die bestimmende Praxis.
In der gegenwärtigen Debatte um Entwicklungspolitik vermischen sich zudem rassistische und marktideologische Ansätze. Unsere These rund ein Jahr vor der Bundestagswahl im Herbst 2025 lautet: Die sozialen Folgen der deutschen Austeritätspolitik sollen teilweise externalisiert werden gemäß dem wahltaktischen Kalkül: «Kleinbauern aus Mali werden nicht vor dem Brandenburger Tor protestieren».
Cornelia Möhring ist Sprecherin für Globale Gerechtigkeit (Entwicklung, Klima, Menschenrechte) der Gruppe Die Linke im Deutschen Bundestag.
Andreas Bohne arbeitet im Afrikareferat der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Die politische Linke sollte sich gegen Kürzungen der Etats des BMZ und AA aussprechen. Die entsprechenden zivilgesellschaftlichen Initiativen gilt es in ihren gegenwärtigen Forderungen zu unterstützen. Darüber hinaus ist eine linke Neujustierung von «Entwicklungspolitik» hin zu einer globalen, intersektionalen und solidarischen Gerechtigkeitspolitik notwendig. Denn Entwicklungspolitik kann von links als Arena einer Kritik an den Folgen von inhumanem Krisenkapitalismus und nationaler Standortpolitik dienen und als Folie für Ideen und Konzepte hin zu einer gerechteren und humaneren Weltgesellschaft genutzt werden.
Versprechen vs. Realität
Wo Deutschland und die Bundesregierung in der Entwicklungspolitik heute stehen, zeigt ein Blick in den Koalitionsvertrag der «Fortschrittskoalition» von SPD, Grünen und FDP von 2021. Dort heißt es: «Die Ausgaben für Krisenprävention, Humanitäre Hilfe, AKBP [Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik] und Entwicklungszusammenarbeit sollen wie bisher im Maßstab eins-zu-eins wie die Ausgaben für Verteidigung steigen.» Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Genau das Gegenteil ist eingetreten. Statt mehr Mittel für die internationale Arbeit des BMZ zu bewilligen, hat die Koalition historisch einmalige Kürzungen beschlossen.
Vergleicht man die aktuellen Etatzahlen 2024 mit den Zahlen des letzten Haushaltes vor der Ampelregierung, so soll sich der BMZ-Haushalt nun um 23,23 Prozent verringern. Auch bei der humanitären Hilfe und der Krisenprävention des AA wird im kommenden Haushaltsjahr weiterhin kräftig gekürzt werden. Wäre der BMZ-Haushalt, wie von der Koalition versprochen, anteilig gestiegen wie die Verteidigungsausgaben (ohne Sondervermögen), dann läge der Etat für das Jahr 2025 bei 15,18 Milliarden Euro. Statt des zugesagten BMZ-Mittelaufwuchses hat die Ampelregierung der Entwicklungspolitik aber über die vier Haushaltsjahre gerechnet in Summe rund 6,1 Milliarden Euro entzogen. Bei der humanitären Hilfe hat die Bundesregierung in den vier Jahren rund 400 Millionen Euro weniger zur Verfügung gestellt. Solche Kürzungen sind angesichts von immer mehr weltweiten Krisen,[1] aber auch der Verantwortung des globalen Nordens nicht nachvollziehbar und, wie das Beispiel Großbritannien verdeutlicht,[2] gefährlich.
Auch andere Zusagen und Versprechen hat die Koalition nicht eingehalten. So heißt es im Koalitionsvertrag zu der sogenannten ODA-Quote, welche die öffentlichen Entwicklungsleistungen von Geberländern in Relation zu deren Wirtschaftsleistung erfasst: «Wir werden eine ODA-Quote von mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) einhalten. In diesem Rahmen setzen wir 0,2 Prozent des BNE für die ärmsten Länder des Globalen Südens (LDC) ein. Zusätzlich sollen die Mittel für die internationale Klimafinanzierung weiter aufwachsen», heißt es im Koalitionsvertrag. Beide Versprechen wurden nicht eingehalten. Wie eine Anfrage der Partei Die Linke im Bundestag ergab, wurden 2022 nur 0,12 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung für die LDC eingesetzt, im Jahr zuvor waren es 0,14 Prozent gewesen. Auch das deutsche «Klimaversprechen», jedes Jahr sechs Milliarden Euro für die internationale Klimafinanzierung im globalen Süden aufzuwenden, wurde nach dem Karlsruher Urteil zu Sondervermögen und Schuldenbremse begraben. Der Trend in Richtung Entsolidarisierung mit den ärmsten Gesellschaften der Welt zeichnet sich also auch hier überdeutlich ab.
Zunehmend populistische Attacken gegen die Entwicklungspolitik
Seit vielen Jahren kritisieren Liberale und Konservative das BMZ. Wenn sie es nicht gleich ganz auflösen wollen, fordern sie, das BMZ in das Wirtschaftsministerium zu überführen – das originäre Ziel sei schließlich die «wirtschaftliche Entwicklung» der «Entwicklungsländer» – oder (seltener) es in das AA zu integrieren, was zumeist mit Kohärenz- und Abstimmungsbestrebungen zur Steigerung der Effizienz begründet wird. In dem Zusammenhang wird gern auf Frankreich verwiesen, wo das Ministère de la Coopération aufgelöst und die Entwicklungszusammenarbeit ins Außenministerium eingegliedert wurde.
Seit Anfang des Jahres und in Zeiten fiskalisch angefeuerter Verteilungskämpfe und zunehmender nationaler und globaler Ungleichheit nehmen die Attacken auf die globale Solidarität und internationale Umverteilung an Zahl und Heftigkeit zu. Dabei geht es oft darum, die Entwicklungspolitik als solche zu diskreditieren, egal ob im Focus, in Tichys Einblick oder in der FAZ. Als Vehikel dient die vereinfachte Gegenüberstellung von Staatsausgaben in Deutschland und denen im globalen Süden, dargestellt als Nullsummenspiel zum vermeintlichen Nachteil der deutschen Bevölkerung. Paradebeispiel für diesen «Germany-First»-Diskurs war zuletzt die aggressiv vorgetragene Kritik an der BMZ-Förderung neuer Radwege in Peru, die im Andenstaat, einem der am stärksten von der Klimakrise betroffenen Länder, zu einer Verkehrswende beitragen sollen. Das Beispiel aus den Tiefen von Boulevardmedien und Social Media griff Finanzminister Christian Lindner zur Primetime in den Fernsehnachrichten des «heute journal» auf, um Mehrausgaben im Verteidigungshaushalt zu begründen. Statt auf die zu diesem Zeitpunkt immer lauter werdende Kritik an Schuldenbremse und Austeritätspolitik einzugehen, nutzte der FDP-Politiker die Entwicklungszusammenarbeit als Sündenbock für vermeintlich zu hohe und sinnlose Ausgaben ideologisch verblendeter Gutmenschen, denen das ferne Peru wichtiger sei als Deutschland.
Was die FDP schon lange beabsichtigt, nämlich das BMZ komplett abzuschaffen, wird heute teilweise – und in der Tendenz zunehmend – durch dessen finanzielle Trockenlegung erreicht. SPD und Grüne haben die Kürzungen bisher nicht verhindert. Zwar hat Entwicklungsministerin Svenja Schulze jüngst die Zahl von zwölf Milliarden Euro an BMZ-Bedarf als ihre rote Minimal-Linie medienwirksam in die Runde geworfen, doch wird diese Linie bereits im Haushalt 2024 um mehr als 800 Millionen Euro unterschritten.
Entwicklungspolitik: Ein umstrittenes Feld für Linke
Entwicklungspolitik gehört zur linken DNA. Schließlich geht es um internationale Solidarität, um Empathie für strukturell Benachteiligte, um Veränderung des eigenen und des kollektiven Bewusstseins und Handelns. Entwicklungspolitik aus linker Sicht bedeutet Umverteilung in Richtung der Menschen im globalen Süden.
Damit macht man sich im eigenen Land in Zeiten realer und gefühlter Unsicherheit in der breiten Bevölkerung keine Freunde. Linke Kritik am Kolonialismus, an ungerechter Weltwirtschaft, an der Ausbeutung von Mensch und Natur durch deutsche Unternehmen ruft vielmehr regelmäßig Abwehrreflexe hervor. Rechte und liberale Kräfte nutzen sie, um an egoistisch-nationalistische Instinkte in der deutschen Bevölkerung zu appellieren, Entwicklungspolitik an sich zu diskreditieren und ihr die Mittel zu kürzen.
Entwicklungspolitik, wie sie unter linken Akteurinnen diskutiert wird, lässt sich nur schwer in die aktuellen Debatten der deutschen Bundespolitik einbringen. Das heißt nicht, dass man in aktuellen entwicklungspolitischen Debatten Fragen der «Postkolonialität» oder das eurozentrische Verständnis von «Entwicklung» und «Unterentwicklung» nicht thematisieren sollte, nur weil sie in der politischen Tagesarbeit nicht leicht zu vermitteln sind. Ganz im Gegenteil: Wenn etwa unter «Empowerment» Gespräche mit Unternehmensvertreterinnen des globalen Südens «auf Augenhöhe» verstanden werden – wie es Vertreter*innen des BMZ gern suggerieren –, dann sind die fehlende Gleichheit angesichts der bestehenden Machtasymmetrien unmissverständlich zu kritisieren und Gespräche in dieser Form abzulehnen.
Aallgemein gilt: Kritik von links muss sich kapitalismuskritisch mit der internationalen Zusammenarbeit auseinandersetzen. Wenn beispielsweise Akteure wie die staatliche Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) Offshore-Finanzzentren nutzt und damit Steuern vermeidet oder als Tochtergesellschaft der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) deutsche Unternehmen finanziert, die systematisch Menschenrechtsverletzungen begehen, gilt es, diese Form der «Entwicklungspolitik» in aller Deutlichkeit zu kritisieren und in letzter Konsequenz zu stoppen. Mit der gegenwärtigen und geplanten Ausgestaltung der Entwicklungszusammenarbeit sowie den Kürzungen des BMZ-Haushalts wird der Finanzialisierung der Entwicklungspolitik (also mit öffentlichen Geldern profitorientierte Privatinvestitionen für vermeintlich entwicklungspolitische Vorhaben zu akquirieren) weiter Vorschub geleistet – und findet Zustimmung wie jüngst beim Parlamentarischen Staatssekretär im BMZ, Niels Annen (SPD), während einer Anhörung zu Klimaschutz in Afrika. Wie schon seit Langem von liberalen und konservativen Politikerinnen sowie von Wirtschaftsvertreterinnen gewünscht, wird auch das sogenannte de-risking, die Absicherung privater Investitionen mit öffentlichen Mitteln, zunehmen. Entwicklungspolitik, wie sie heute vom deutschen Staat betrieben wird, ist zu oft ein Türöffner für die kapitalistische Durchdringung und marktwirtschaftliche (De-)Regulierung bisher nicht erschlossener Märkte in Afrika, Asien und Lateinamerika (Liberalisierung, Privatisierung, Ökonomisierung, Finanzialisierung).
Von links sind nicht nur unzureichende Ansätze zu kritisieren, sondern auch die konkrete Politik von Entwicklungsministerin Schulze, die von tagespolitischem Aktionismus und mangelhafter Umsetzung geprägt ist. Ein Beispiel für ersteres ist das «Bündnis für globale Ernährungssicherheit (Global Alliance for Food Security)», das auf dem Treffen der G7-Entwicklungsminister*innen am 18./19. Mai 2022 in Berlin groß angekündigt wurde, aber im Wesentlichen nur das Global Food and Nutrition Security Dashboard hervorgebracht hat, eine Datenbank zu bestehenden Projekten der Ernährungssicherheit. Als Datenquelle ist sie zwar interessant, liefert aber wenig neue Erkenntnisse und hat auch keine Auswirkungen auf die Finanzierung von agrarpolitischen Projekten. Ein weiteres Beispiel ist die «feministische Entwicklungspolitik», ein Flaggschiff von Ministerin Schulze. Sie ist aus linker Perspektive zu begrüßen, insofern sie echte strukturelle Verbesserungen für Frauen bedeutet. Wenn das Label «feministische Entwicklungspolitik» allerdings nur eine Umetikettierung bei den Förderrichtlinien bedeutet, sodass im Jahr 2025 rund 93 Prozent aller neuen BMZ-Projekte zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen, dann ist das wenig glaubwürdig und legt in Zeiten historischer Haushaltskürzungen den Verdacht des purple washing nahe.
Paradox formuliert: Als Linke müssen wir die Entwicklungspolitik in ihrer gegenwärtigen realen Ausgestaltung scharf kritisieren – und gleichzeitig gegen Angriffe verteidigen als Form materieller Umverteilung und historisch begründeten Ausgleichs (Kolonialismus, Weltkriege, Ausbeutung, Abschottung, Arbeit, Rohstoffe). Auch muss sich die Linke dem unter Kürzungsdruck massiv zugenommenen Nützlichkeitsdiskurs deutscher Entwicklungszusammenarbeit entgegenstellen, der globale Solidarität mit Sicherheit für Deutschland und Wirtschaftsförderung für deutsche Unternehmen aufwiegt.
Globale Gerechtigkeitspolitik
Die Partei Die Linke muss sich explizit als Partner für die zivilgesellschaftliche entwicklungspolitische Szene in Ländern des globalen Südens, der Europäischen Union und in Deutschland anbieten. Aus der Zivilgesellschaft initiierte Kampagnen, wie die vom Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) und der Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke e.V. (AGL), gilt es zu unterstützen. In der aktuellen Haushaltsdebatte fordern wir: Der BMZ-Haushalt darf nicht weiter gekürzt werden, sondern muss mindestens wieder auf das Niveau von 2022 angehoben werden.
Klartext muss über die Erhöhung der Einnahmenseite gesprochen werden. Die globale Mindeststeuer für reiche Unternehmen muss nicht nur von 15 Prozent deutlich erhöht, sondern auch gezielt für globale Gerechtigkeit eingesetzt werden. Zusätzlich bedarf es einer globalen Mindeststeuer für Milliardär*innen, wie sie zunehmend gefordert wird. Auf nationaler Ebene braucht es Steuergerechtigkeit, eine gerechtere Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen (Vermögensteuer) und den Abbau umweltschädlicher Subventionen (Dienstwagenprivileg: rund 5,5 Milliarden Euro/Jahr).
Die Partei Die Linke muss sich zwei Herausforderung stellen: Einerseits muss sie eine positive Erzählung des Internationalismus anbieten. Angesichts der Tatsache, dass Menschen «Ungleichheit» als großes gesellschaftliches Problem anerkennen und aktuelle Umfragen die «Klimakrise» als wichtigste Herausforderung wahrnehmen, bieten sich Anknüpfungspunkte. Dass diese beiden exemplarischen Felder nur global gemindert und gelöst werden können, liegt auf der Hand. Andererseits muss Die Linke konkrete Handlungsfelder einer veränderten «Entwicklungspolitik» benennen, hin zu einer globalen, intersektionalen und solidarischen Gerechtigkeitspolitik. Es gilt, neue Wege zu gehen: realpolitisch und kurzfristig ebenso wie utopisch und mittelfristig.
Zu den kurzfristigen realpolitischen Forderungen gehören exemplarisch, dass BMZ-Gelder verwendet werden, um für das deutsche und das europäische Lieferkettensorgfaltsgesetz zu werben; linke Akteur*innen der Entwicklungspolitik und ihre Verbündeten sollten die vorgesehenen Beschwerde- und Klagemechanismen nutzen – angesichts weiter bestehender Forderungen, die Gesetze auszusetzen. Auch den Zugang von Menschen aus dem globalen Süden ins deutsche Bildungssystem zu erleichtern, ist eine geeignete Forderung für mehr globale Gerechtigkeit, die an den Alltagsverstand der Menschen anschließt und vermittelbar ist.
Im Bereich globale Agrarwirtschaft muss das BMZ aus der «Alliance for a Green Revolution in Africa» (AGRA) und anderen Initiativen aussteigen, die das Agrarmodell der Grünen Revolution mit großem Ressourceneinsatz und zum Vorteil von Unternehmen fördern. Stattdessen sollte das BMZ das Recht auf Nahrung sowie die Agrarökologie zur Richtschnur seiner Entwicklungspolitik machen und sie in allen Projekten mit klaren Maßnahmen und messbaren Zielen unterlegen. Die Bundesregierung sollte den Aufbau von öffentlichen Nahrungsmittelspeichern in Ländern des globalen Südens unterstützen. Über ein global koordiniertes und lokal verwaltetes System von Nahrungsmittelspeichern könnten Vorräte für wichtige Grundnahrungsmittel wie Mais, Reis, Weizen, pflanzliche Öle und weitere Erzeugnisse an strategisch sinnvollen geografischen Orten angelegt und von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), einer eigens zu diesem Zweck geschaffenen UN-Einrichtung oder von nationalen Regierungen verwaltet werden.
Im Bereich Klimaschutz, -finanzierung und -anpassung müssen internationale Finanzzusagen eingefordert werden, die an den Bedürfnissen der am meisten betroffenen Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sind und in Form von Zuschüssen bereitgestellt werden. Darlehen, die an Rückzahlungsverpflichtungen gekoppelt werden und die Schuldenkrise weiter verschärfen, sind abzulehnen. Als potenzielle Finanzierungsquelle bieten sich hier innovative Besteuerungsmechanismen an, etwa eine shipping tax, eine aviation tax und eine globale Reichensteuer (hier gilt es, die UN Tax Convention eng zu begleiten), um eine globale Umverteilung zu befördern. Die in internationalen Klimaabkommen vertraglich zugesicherte Finanzierung zur Minderung von Klimaschäden und -verlusten in Ländern des globalen Südens, die am wenigsten zur Klimakrise beitragen, aber am stärksten von den Klimawandelfolgen betroffen sind, muss zusätzlich zum 0,8-Prozent-ODA-Versprechen geleistet werden und darf nicht mit bestehenden Entwicklungszahlungen und humanitärer Hilfe verrechnet werden oder diese ersetzen.
Diese exemplarischen Forderungen zu globaler Umverteilung, Klimagerechtigkeit und Unternehmensverantwortung zeigen den Weg, den die Linke in der Entwicklungspolitik gehen sollte.
[1] Exemplarisch sei hier nur auf den Sudan verwiesen, wo gegenwärtig ein Völkermord und eine menschliche Tragödie ungeheuren Ausmaßes stattfinden, von der Weltöffentlichkeit ignoriert und auch entwicklungspolitisch und humanitär nur unzureichend wahrgenommen; vgl. Möhring, Cornelia: Entwicklungshilfe im Sudan: Tödlicher Sparhammer, in: nd, 19.6.2024, www.nd-aktuell.de/artikel/1183076.hunger-entwicklungshilfe-im-sudan-toedlicher-sparhammer.html.
[2] Auch neue britische Premierminister, Keir Starmer (Labour-Partei), will die Einschnitte nicht zurücknehmen; vgl. Merrick, Rob: UK election: Labour rules out aid department or early return to 0.7 Prozent, unter: [UK election: Labour rules out aid department or early return to 0.7% | Devex](file:///C:/Users/scharenberg/AppData/Local/Microsoft/Windows/INetCache/Content.Outlook/53VVW4RD/www.devex.com/news/uk-election-labour-rules-out-aid-department-or-early-return-to-0-7-107788).