Import von Buschholz aus Namibia –
Nein zur falschen Zusammenarbeit
Menschenrechte, Klima, Verteilungsfragen, Demokratie und Kolonialismus
Thomas Dürmeier, Goliathwatch
Hamburg, 23. März 2021
Seit Monaten läuft bundesweit ein öffentlicher Streit, der sich auch im entwicklungspolitischen Netzwerk „hamburg.global“ abspielt. Soll die Freie Hansestadt Hamburg Buschbiomasse aus Namibia importierten?
Aus unserer Perspektive erfüllt der aktuelle Entscheidungsprozess nicht die Anforderungen an ein progressives Projekt der Entwicklungszusammenarbeit in Fragen wie Menschenrechte, Klima, Verteilungsfragen, Demokratie und Kolonialismus. Solange diese Fragen nicht klar beantwortet sind, fordern wir die Stadt Hamburg auf, dieses Projekt nicht weiter voranzutreiben.
Wir engagieren uns für ein starkes Lieferkettengesetz mit verbindlichen Menschen- und Umweltrechten. Die Grundsätze der Vereinten Nationen, nach einer Risikoanalyse und effektiven Maßnahmen, um Verletzungen der Menschenrechte zu verhindern, spielen aus unserer Perspektive im Prüfprozess der BUKEA eine zu untergeordnete Rolle, was unsere Kommunikation mit der BUKEA, mit der Projektgruppe Namibia und auch deren Veranstaltung am 31. März 2021 belegt. Expert*innen für Due Diligence wurden nach unserem Kenntnisstand nicht eingeladen.
Vgl. die Onlinequelle der Einladung: Einladung für den 23.3.: Dialog zum Kohleausstieg, Thema: Biomasse
Auch sollte nach unserer Auffassung keine Veranstaltung organisiert werden, wenn nicht eine faire Beteiligung der pro- und contra-Parteien abgesichert ist. Warum wurde nicht der BUND Hamburg oder Earth Life aus Namibia als Kritiker*in eingeladen? Auf unsere Anfrage zu den menschenrechtlichen Risiken der Buschbiomasseindustrie an die Projektgruppe Namibia haben wir bisher keine zufriedenstellende Antwort erhalten.
Ob der Klimaschutz durch das Projekt positive Effekte erfährt, ist umstritten. Es findet auf jedem Fall eine Umverteilung der CO2 Budgets statt. Die CO2 Senke in Namibia wird zu einem CO2-Produzenten umgewandelt. Der CO2 überreiche Norden gleicht seine Klimazerstörung durch Import von CO2 Senken aus.
Die Fragen nach der Verteilungswirkung der anfallenden Gewinne aus dem Verkauf von Biomasse ist auch noch nicht beantwortet. Nach unseren Recherchen gibt es Anzeichen, dass bei den Subunternehmer*innen in Namibia keine fairen Löhne bezahlt werden. Ohne klare Verteilung der Gewinne an die unteren Einkommensschichten in Namibia, sollte das Projekt aus entwicklungspolitischer Perspektive nicht durchgeführt werden. Diese Frage ist noch nicht beantwortet.
Die bisherige Form der zivilgesellschaftlichen Beteiligung halten wir für einen demokratischen Prozess nicht für ausreichend. Das Memorandum of Unterstanding musste von der NGO „Frag den Staat“ über eine Informationsfreiheitsanfrage öffentlich zugänglich gemacht werden. Unsere Anfrage nach menschenrechtlicher Sorgfalt ist bisher nicht geklärt worden. Die Rahmenbedingungen einer Beteiligung auf Augenhöhe mit der Zivilgesellschaft sind aus unserer Perspektive nicht erfüllt. Die Beteiligungsstruktur in Namibia scheint uns auch fraglich. Einen Brief von NGO aus Namibia mit Konzernen, die aus dem Buschbiomasseprojekt profitieren, finden wir fragwürdig. Es zeigen sich die Schwächen der zivilgesellschaftlichen Offenheit in der BUKEA, wenn das entwicklungspolitische Netzwerk Hamburg.global und nicht die BUKEA, den Beteiligungsprozess organisieren muss. Die BUKEA hätte z.B. auch eine Beratungsagentur für „Community Partizipation“ engagieren können. Die negative Kolonialgeschichte spielte bisher nur eine untergeordnete Rolle, obgleich mensch doch mit diesem Projekt einen gemeinsamen und konstruktiven Umgang mit der Vergangenheit hätte finden können.
Zusätzlich hoffen wir, dass unserer öffentlicher Debattenbeitrag die Positionierung des entwicklungspolitischen Netzwerk „hamburg.global“ vorantreibt, weil die internen Debatten im Netzwerk seit Wochen zu keiner abschließenden Entscheidung geführt haben. Wir teilen den Ansatz der Projektgruppe Namibia explizit nicht. Ohne klare Rahmenbedingungen für ein Beteiligungsverfahren bei der BUKEA würden wir bei Goliathwatch nicht in einer offiziellen Arbeitsgruppen mitarbeiten, weil die Gefahr der zivilgesellschaftlichen Legitimation ökologisch und sozial gefährlicher Public-Private-Partnerships wie im Buschbiomasseprojekt sonst besteht. Das Unternehmens-Zivilgesellschaftsbündnis hat sich in ihrem Offenen Brief auf eine vermeintliche Einbindung der Hamburger Zivilgesellschaft bezogen, obwohl das Verfahren der BUKEA nicht die Standards der Zivilgesellschaft (vgl. z.B. CorA Netzwerk Multistakeholder Prozesse) erfüllen.
Die vielen offenen Fragen, die seit Monaten nicht geklärt werden, sind für uns zu gewichtig, sodass wir aus den bisherigen Erfahrungen und Debatten das Projekt als Greenwashing und Bluewashing ablehnen, solange keine überzeugenden Belege für eine Lösung der Fragen existieren. Die Zeit für Widerstand wird kürzer, da im Sommer der offizielle Prüfprozess der BUKEA endet.