Aufgewühlte Stimmung auf den Straßen von Hamburg. Feuchte Kälte kriecht unter die Jacken, scheinbar missmutig tigern und grummeln die Menschen heute durch den Tag. Auf dem Weg ins Büro (20min) bin ich heute morgen an vier Situationen zwischen Radfahrer:innen und Autofahrer:innen vorbei geradelt, die sich gegenseitig im Nieselregen angeschrien haben weil ??? - die Straßenverkehrsordnung heute scheinbar nicht genug deeskalierende Leitplanken für ein friedliches Vorankommen bereit hält.
Was ist da los? Das Herbstwetter allein erklärt die Spannung nicht. Ich frage mich ob der Rechtsruck in Bayern, die schreckliche Eskalation der Konfliktgeschichte zwischen Israel & Palästina und die dadurch weiter steigenden Zahlen von flüchtenden Menschen weltweit, die dann wieder in Verschwörungserzählungen genutzt werden um Zukunftsängste zu schüren, auch an den Nervenkostümen der Hamburger:innen zerren und Spannungen verursachen - die ganzen Verstrickungen, Unsicherheiten und Fragen beschäftigen mich jedenfalls auch.
Allerdings hilft mir (leider) kein Gebrüll im Straßenverkehr um damit einen Umgang zu finden.
Ich bin überzeugt, dass das grundlegende Problem jedes Konfliktes (auch die Entstehung und Entwicklung von Kriegen und globalen Ungleicheitsprozessen) aus egoistischer Vereinzelung und der Abgrenzung von Gruppen gegenüber „Anderen“ und ihrer „Umwelt“ geschürt wird. Ab dem Moment, wo es keine Ohren und kein Verständnis mehr für die „Geschichte(n) der Anderen“ gibt, wo die „Perspektiven, Motivationen und Ideen der Anderen“ nichts mehr wert sind, besteht die Gefahr, dass im Ringen miteinander blinde Gewalt aufglüht und schreckliche Zerstörungen verursacht.
Ich wünsche mir vor allem Momente des Innehaltens und Medienberichte (vor allem Medienmachende) die dabei helfen Ursachen, Zusammenhänge, Prozesse und Dynamiken zu verstehen, mit denen die Menschen in Konflikten verbunden/verstrickt sind.
Der Tag-Podcast, Correctiv-Faktencheck, Sein & Streit, mit offenen Karten, medico-blog, Dissens-Podcast, Die neuen Deutschen Medienmacher:innen und der Benecke-Youtube-Kanal (Mini-Auswahl) sind für mich unmittelbare Beispiele von „Medien/Medienmachenden“, die für die Frage: Gibt es noch eine gemeinsame Welt oder kümmert sich jeder um sich selbst? bzw. Wie können wir den globalen Schlamassel vom einsamen Überleben in eine gemeinsame Zukunft verwandeln? Perspektiven, Motivationen und Ideen sammeln & teilen // Danke! Das kann ich gut gebrauchen - Denn im Moment, läuft leider einiges schief!
Deshalb habe ich mich auch sehr gefreut, dass ich heute morgen auf dem Weg ins Büro Lukas und Lukas im Dissens-Podcast #229 „Wir müssen die Wut auf das System von links fundieren“ zuhören konnte, wie sie sich darüber unterhalten, dass es eine „bessere linke Medienkritik“ und vielleicht sogar einen „linken Populismus“ braucht, der mehr Menschen mit solidarischen und kooperativen Weltbildern und Handlungsansätzen erreicht & versorgt, damit wir endlich mehr gemeinsame Gründe, Anlässe und Situationen miteinander finden, in denen wir uns auch mal links vor rechts über die Straße helfen anstatt uns unter Ampeln im Regen anzuschreien.